Miniaturkabinett
27. Abteilung
Triumphzug eines bourbonischen Herrscherpaares (Allegorie auf die Vermählung von Ludwig XIV. und Maria Theresia von Österreich?)
- Französisch (?)
- 2. Hälfte 17. Jh.
- Wasserfarben auf Pergament (?), H.: 29,1 cm; B.: 48,3 cm; T.: 0,9 cm
- hmf.Pr265
- hmf, Foto: Horst Ziegenfusz
Im Zentrum des Bildes rollt wie eine mystische Erscheinung und auf einem Wolkenteppich ein goldener Triumphwagen heran, der als Quadriga von vier Schimmeln gezogen wird. Ein nackter, geflügelter und lorbeergekränzter Putto über den Tieren hält die Zügel und drei Lorbeerkränze in Händen und zeichnet sich dadurch als Amor di Virtu/Tugendliebe aus. Im Wagen sitzt das antikisch gekleidete und idealisierte Herrscherpaar. Über diesem schwebt die geflügelte Personifikation der Virtu/Tugend und hält über deren Häupter einen Lorbeerkranz und einen weißen Blumenkranz. Die Quadriga ist Mittelpunkt eines längeren Triumphzuges, der sich von links auf ein monumentales Gebäude am rechten Rand zubewegt. Eine Gruppe von fünf hell gekleideten Männern und Frauen in der linken unteren Ecke – angeführt von der Personifikation der Liberalita/Freigebigkeit in weißem Kleid und mit Füllhorn – hat Blumen und einen Korb mit Geschirr, Tuch und Esswaren bei sich. Vor dem Triumphwagen schreiten rechts drei Frauen und ein armierter Mann einher: Benignita/Güte oder Milde ist an den seitlich ausgestreckten Armen, dem Zweig mit Pinienzapfen und der goldenen Krone nebst Sonnenscheibe auf dem Haupt zu erkennen. Fünf Vertreterinnen der Künste und Wissenschaften präsentieren dem ankommenden Zug demütig ihre Attribute: Kniend sehen wir die Pittura/Malerei mit einem Gemälde nebst Pinsel und Palette, die Scoltura/Bildhauerei mit einem skulptierten Kopf in Händen und die Architettura /Architektur, die einen Zirkel und einen Rotulus hält. Hinter diesen stehen die Musica/Musik mit Blumenkranz im Haar und einem Notenblatt sowie die Astrologia/Astronomie mit Sonnensymbol auf der Brust, Sternenkranz ums Haupt sowie einem Himmelsglobus und einem Zepter in Händen.
In den Lüften wie auf der Erde finden sich noch zahlreiche weitere Personifikationen mit ihren Attributen. Hierbei hat sich der Künstler wohl ausschließlich an die gängige Ikonographie, basierend auf der bekannten „Iconologia“ des Cesare Ripa (um 1555–1622), gehalten. Dass einige der Figuren schwer zu deuten sind, liegt daher weniger an einer komplexen, entlegenen Ikonographie, als vielmehr an der schwachen Darstellung, wobei dem übermalten Zustand des Bildes hier Rechnung getragen werden muss. Auch die übergeordnete Aussage der Allegorie scheint eher simpel und vor allem allgemein: Bildlich verkündet wird der Ruhm eines tugendhaften französischen Herrscherpaares, das sich durch Tugendliebe, Freigebigkeit, Güte auszeichnet, das das Böse bekämpft und dem die Künste dienen.
(Julia Ellinghaus, Kurzfassung: Sina Bergmann)Weitere Informationen (PDF 1.88 MB)