Miniaturkabinett
28. Abteilung
Eine Mutter mit zwei Kindern
- Georg Karl Urlaub (1718-1766)
- wohl um 1800
- Ölhaltige Malerei auf Eiche, H.: 22,4 cm; B.: 17,4 cm; T.: 0,65 cm
- hmf.Pr562
- hmf, Foto: Horst Ziegenfusz
Das Gemälde zeigt das Interieur einer zeitgenössischen Wohnung mit genrehafter Familienszene. Das Mobiliar entspricht gänzlich der für Urlaub typischen Schilderung aus dem Leben des bürgerlichen Mittelstandes. Bildmittig sitzt die Frau des Hauses. Sie hat einen Korb mit bunten Textilien zur Seite gestellt und wendet sich ganz ihrem kleinen Kind zu, das offenbar gerade laufen lernt.
Der Maler stellte die Lebenswelt von Müttern mit ihrem Nachwuchs häufig und in verschiedener Konstellation dar: Etwa in Küchenstücken, in denen eine Hausfrau mit einem jungen Mädchen als assistierender Person auftritt. Zudem zeigen seine Werke Malzeiten oder häusliche Situationen von größter Privatheit.
Die Motivtradition dieser Bilder wurzelt in der niederländischen Malerei des 17. Jahrhunderts. Die bei Urlaub überaus vertraulichen, sensibel erfassten Umgangsformen zwischen Mutter und Kindern setzten darüber hinaus ein neues Verständnis von Erziehung voraus, das auf Direktheit und Natürlichkeit bedacht ist. Im Bilde vorgeformt findet sich dieses neue Verständnis in der französischen Malerei des 18. Jahrhunderts, insbesondere bei Jean Baptiste Siméon Chardin. In dessen Genreszenen, wie etwa Le négligé ou toilette du matin (Die Morgentoilette) zeigen die Protagonisten eine vorher ungekannte Intimität des Umgangs, die dem Betrachter zugleich die distanzierte Position eines Voyeurs zuweist. Dass Urlaub in dem besprochenen Gemälde Pr562 eine emotional wie formal auffallend ähnliche Konstellation zwischen Mutter und Kind entwirft, dürfte seine Auseinandersetzung mit entsprechenden Vorbildern belegen.
(Gerhard Kölsch, Kurzfassung: Sina Bergmann)
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