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Miniaturkabinett

17. Abteilung

Angelica und Medoro oder Paris und Oenone (Oinone)

  • Joseph Heintz d. Ä. (?), Kopie
  • 17. Jahrhundert (?)
  • Ölhaltige Malerei auf Kupfer, H.: 22 cm; B.: 16,7 cm; T.: ca. 0,1 cm
  • hmf.Pr143
  • hmf, Foto: Horst Ziegenfusz

In einem dunklen Wald hat sich ein Liebespaar am Fuß mächtiger Laubbäume niedergelassen und ist im Begriff, etwas in einen Stamm zu ritzen. Der Mann hält den weiblichen Oberkörper umfasst und ihre Gesichter sind dicht aneinandergerückt. Pr143 geht auf eine seitengleiche Komposition zurück, die möglicherweise mit Joseph Heintz in Verbindung steht und in einer Zeichnung in der Albertina in Wien überliefert ist. Gegenüber dieser Arbeit ist das Prehn’sche Bild größer angelegt bei gleichzeitiger Verkleinerung des Ausschnittes. So lässt der Kopist vor allem die Naturschilderung weg und „zoomte“ so näher an die Figuren heran. Ob die Prehn’sche Kopie nach der Wiener Zeichnung angefertigt wurde oder ob ein verschollenes Gemälde von Joseph Heintz oder aus seinem Umkreis als Vorlage angenommen werden muss, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen.

Zudem bereitet die Bestimmung des Bildmotivs Schwierigkeiten. Es könnte sich um Angelica und Medoro handeln, die beiden Liebenden aus Ariosts Orlando furioso. Angelica ist eine Prinzessin, Tochter des Großkhans von Katai (China), die an den Hof Karls des Großen kommt, wo sich neben Karls Neffen Orlando auch alle anderen Ritter in sie verlieben. Bei ihren Streifzügen durch das Frankenland findet sie den verwundeten Sarazenen Medoro aus Afrika, verliebt sich in ihn und heiratet ihn. Zusammen in einer Hütte lebend, streifen sie im Liebestaumel durch die Haine und schnitzen gemeinsam mit Nadel oder Messer überall ihre Namen verschlungen ein. Als Orlando diese Einritzungen sieht, wird er vor Eifersucht wahnsinnig. Dasselbe Motiv gibt es jedoch auch aus der antiken Götterwelt: hier ist es der Hirte Paris, der verliebt seinen und den Namen seiner ersten Frau, der Bergnymphe Oenone/Oinone, in die Stämme ritzt. Die eher zur antiken Götterwelt passende Nacktheit der Figuren in Pr143 könnte für eine Identifizierung als Paris und Oenone sprechen. Ein zweifelsfreier Beweis für die Deutung der einen wie der anderen Szene lässt sich allerdings nicht finden, was entsprechend auch für die Zeichnung in Wien gilt.

(Julia Ellinghaus, Kurzfassung: Sina Bergmann)

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