Navigation

Miniaturkabinett

12. Abteilung

Gemäldekabinett und Bibliothek

  • Christian Stöcklin (1741-1795)
  • wohl um 1770/80
  • Ölhaltige Malerei auf Papier, auf Eiche maroufliert, H.: 21,2 cm; B.:33,4 cm; T.: 0,5 cm
  • hmf.Pr456
  • hmf, Foto: Horst Ziegenfusz

Stöcklins Gemälde gibt die Innenansicht zweier Sammlungs- und Bibliotheksräume wieder: Durch zwei korbbogenförmige Arkaden, getrennt von einem rechteckigen Pfeiler, sieht man zunächst in ein Gemäldekabinett. Die Rückwand des Raumes ist über die gesamte Höhe und Breite mit dicht an dicht gehängten Gemälden bedeckt, und auch alle übrigen Flächen werden zur Präsentation genutzt. Ein rechts an den Pfeiler gelehntes Gemälde und ein umgefallener Globus ebendort unterstreichen den Eindruck der Überfülle an Kunstwerken und Sammlungsstücken. Nur wenige der eher schematisch wiedergegebenen Gemälde lassen sich nach Sujet oder Stil kunsthistorisch einordnen. Links lädt ein Lehnstuhl zum Betrachten einer imposanten Rheinlandschaft ein, die auf einer Staffelei bereit steht. Eine am Boden liegende Palette mit Farben und Pinseln charakterisiert die Staffelei jedoch auch als Arbeitsplatz eines Malers. An den Tisch lässig angelehnt steht ein Besucher der Sammlung, der jedoch von der Umgebung keine Notiz nimmt, sondern ganz in das Studium eines Buches vertieft ist. Seine relativ kleine Statur verleiht dem Sammlungsraum eine monumentale Anmutung. Auf der Rückwand gewährt ein breiter Durchgang den Blick in einen benachbarten Bibliotheksraum.

Welche kunsthistorischen Wurzeln die Galerieansicht besitzt, wird aus dem Vergleich mit einem zweiten, traditionell Christian Stöcklin sowie Johann Daniel Bager zugewiesenen Sammlungsinterieur deutlich. Dieses zeigt einen auffallend ähnlichen Galerieraum mit anschließender Bibliothek. Es handelt sich um eine Darstellung der Sammlung des Weinhändlers Johann Noé Gogel im Haus „Zur Goldenen Kette“ am Rossmarkt, die bereits von Zeitgenossen als eine der bedeutendsten Frankfurter Sammlungen des 18. Jahrhunderts hervorgehoben wurde. Gerade das Interieur der Sammlung Gogel lässt erkennen, dass Stöcklin in seinen Galerieansichten eine Spezialgattung der Malerei aufgriff, die sich insbesondere in Antwerpen in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts herausgebildet hatte.

Stöcklins Ansicht der Sammlung Gogel, aber auch sein Galeriebild aus der Sammlung Prehn transportiert eine im 18. Jahrhundert längst „klassische“ und tradierte Idealvorstellung des Sammelns, als dass sie als tatsächliche Quelle für das Aussehen zeitgenössischer Frankfurter Sammlungen anzusehen ist. Lediglich die Ergänzung einer Gemäldesammlung durch Kunsthandwerk, Naturalien und andere Sammlungsgattungen, aber auch eine Bibliothek stimmen weitgehend mit der sammlerischen Praxis seiner Zeit überein.

(Gerhard Kölsch; Kurzfassung: Sina Bergmann)

application/pdf Weitere Informationen (PDF 6.05 MB)