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Miniaturkabinett

27. Abteilung

Winterlandschaft mit Schlittschuhläufern

  • Johann Wilhelm Becker (1744-1782)
  • nach 1785
  • Ölhaltige Malerei auf Eiche, H.: 15cm; B.: 20,7 cm; T.: 1,1 cm
  • hmf.Pr706
  • hmf, Foto: Horst Ziegenfusz
Diese stimmungsvolle Winterlandschaft zeigt einen zugefrorenen,  breiten und in die Ferne führenden Flusslauf. Dabei leitet links vorne ein Uferstück mit sitzenden Mann den Blick in die Bildmitte, wo sich zahlreiche Personen auf dem Eis tummeln. Zum Mittelgrund hin werden die Eisläufer immer kleiner und suggerieren effektvoll Bildtiefe, während im Hintergrund eine Stadt mit hohen Mauern und Türmen vor weiten Bergketten angedeutet ist. Als besonderer Blickpunkt der Darstellung fällt jedoch ein auf der rechten Seite imposant in die Höhe ragendes, ja aus den Felsen der Umgebung geradezu herauswachsendes Felsentor auf.
Die Winterlandschaft ist ein bemerkenswertes Beispiel für Beckers Auseinandersetzung mit der französischen Landschaftsmalerei des 18. Jahrhunderts, denn die Komposition basiert auf der Darstellung Ansicht des Posillipo bei Neapel, die 1742 von Claude-Joseph Vernet (1714–1789) gemalt und 1785 als Druckgraphik reproduziert wurde. Becker griff insbesondere das Motiv des Felsenbogens ausgesprochen detailgetreu, wenngleich auch in Seitenumkehr auf, vielleicht aufgrund einer weiteren Reproduktionsgraphik als Zwischenstufe. Daneben findet die bei Vernet am vorderen Ufer gedrängte Figurenmasse in Beckers Eisläufern eine Entsprechung, und ebenso scheint die Landzunge mit dem Leuchtturm in Beckers entfernter Stadt und den Gebirgszügen dahinter nachzuklingen. Becker gelang es hier in überzeugender und geschickter Weise, Vernets Küstenlandschaft mit ihrer spezifischen Atmosphäre und dem bunten neapolitanischen Volkslebens in die Darstellung einer heimischen bzw. nordischen Winterlandschaft zu verwandeln, wobei er den Stimmungswert und die bewegte Staffage der Bildtradition niederländischer Eisvergnügen entlehnt.
(Gerhard Kölsch, Kurzfassung: Sina Bergmann)

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